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Warum könnte denn Design überhaupt wichtig sein?

Wenn Design - wie Klaus Martin mal sagte - ein Vorausdenken für den Menschen in der Form des Produktes ist, handelt es sich also kondensierte Gedanken, die das Leben (hoffentlich) leichter machen. Allein dies ist schon Antrieb genug, allerdings ist es auch interessant zu untersuchen, warum Dinge manchmal gerade nicht funktionieren. Tatsächlich ist eine Fehlleistung oft nützlich, um überhaupt zu erkennen, wie etwas funktioniert.

Abgesehen davon ist eine ästhetische Qualität eines Gegenstandes der Benutzung außerordentlich zuträglich, weil er einfach bereitwilliger verwendet wird. - Es mag zwar Beispiele geben, wo Ästhetik und Funktion konfligieren, dennoch ist das sprichwörtliche "form follows function" nicht unbedingt eine absolute Maxime.


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Wenn man nicht selbst Designer ist ... Designkritiken

Es gibt immer Dinge, die man besser hätte machen können, gleichwohl ist Kritik daran angebracht und legitim, auch wenn ich es - an Stelle des jeweiligen Designers - nicht besser gemacht hätte, darf ich sagen, wie es besser wäre.

Zum Beispiel bei:

Schon wieder ... Bücher!

Wer meine Auffassung von Design verstehen will, muß den "Geist" der folgenden Bücher kennen, daher auch hier einige Empfehlungen und eine Rezension zu [1].


Donald A. Norman: "Dinge des Alltags"

eine Buchvorstellung

Haben Sie Probleme mit Türen? Wissen Sie nie, ob man diese oder jene Tür nun drücken oder ziehen muß, damit sie den Weg freigibt ? Das ist normal, und tröstlich ist zudem, dass Millionen Menschen mit Ihnen diese Schwierigkeiten beim Umgang mit den "Dingen des Alltags" teilen. Nur selten findet man allerdings Zeitgenossen, die dies zugeben, weil sie glauben, nur sie selbst seien zu dumm, es richtig zu machen. Doch jetzt können wir alle aufatmen und Donald A. Normans Buch "Die Dinge des Alltags" lesen.

"Gutes Design und Psychologie von Gebrauchsgegenständen" so der Untertitel, läßt eher auf ein Fachbuch für Designer und Verhaltensforscher schließen, aber Donald A. Norman überrascht den Leser mit einer fesselnden Einführung in die Designwissenschaft, die deshalb kaum aus der Hand zu legen ist, weil man sich ständig wiedererkennt und anhand einfachster Beispiele erklärt wird, was denn Design überhaupt bedeutet. So heißt denn auch das erste Kapitel noch fast ketzerisch "Die Psychopathologie der alltäglichen Dinge" bis dem Leser ein Weg zum Ideal - das ist für Norman das "benutzer-orientierte Design" - aufgezeigt wird.

Schon nach kurzer Lektüre wird klar, warum man in einem größeren Raum niemals sofort den richtigen Lichtschalter betätigt oder warum man auch nach Jahren immer noch nicht weiß, welcher Schalter am Elektroherd welche Herdplatte einschaltet. Dann werden Kriterien für gutes Design entwickelt und auch die Schwierigkeiten von dessen Umsetzung in ein Produkt aufgezeigt. Wieder dienen hervorragend gewählte Beispiele der Erläuterung menschlichen Verhaltens, das nur scheinbar ein ständiges Fehlverhalten ist. Man lernt endlich zu verstehen, warum man den Kaffee statt in die Tasse, gedankenverloren in die danebenstehende Zuckerdose gegossen hat. Aber auch den computergenervten Zeitgenossen, die sich mit menschenunwürdigen Programmen, wie zum Beispiel dem Betriebssystem des sogenannten Industriestandardcomputers herumplagen, spricht Norman Mut zu und weist ihnen mögliche Wege.

Trotz spezieller Beispiele verliert Norman aber niemals grundsätzliche Prinzipien aus dem Blick, so dass der Benutzer schließlich Design zu beurteilen lernt. Dies auch deshalb, weil er langsam wieder Selbstbewußtsein erlangt: nicht der Benutzer ist dumm, wenn er eine "Maschine" nicht versteht, sondern der Designer, aber auch andere am Entstehen dieser "Maschine" beteiligten Personen haben ihre Arbeit nicht richtig oder vollständig gemacht oder aber ihre Ideale der allmächtigen Ökonomie geopfert. Doch gelegentlich und mittelbar ist auch der Benutzer selbst an seinem Dilemma schuld: Norman zeigt, wie aus Benutzerwünschen ein Benutzerhorror werden kann, wenn denn auch tatsächlich alle Wünsche ohne großes Nachdenken erfüllt werden.

Designer sehen sich oft als typische Benutzer. Schließlich sind sie auch Menschen, und sie benutzen oft selbst die Dinge, die sie entwerfen. Warum haben sie dann nicht die gleichen Probleme wie wir anderen? Die Designer, mit denen ich sprach, machen sich viele Gedanken und sind sehr bemüht um die Schwierigkeiten der Benutzer. Sie wollen es richtig machen. Warum versagen dann so viele?

Jeder von uns entwickelt eine Alltagspsychologie - die Fachleute sagen dazu »populäre« oder manchmal »naive« Psychologie -, und diese kann genauso fehlerhaft und irrführend sein wie die naive Physik, die wir im zweiten Kapitel darstellten. Im Grunde sogar schlimmer. Als menschliche Wesen haben wir Zugang zu unseren bewußten Gedanken und Überzeugungen, doch nicht zu unseren unbewußten. Bewußte Gedanken stellen oft Rationalisierungen von Verhalten, im nachhinein gefundene Erklärungen dar. Wir neigen dazu, unsere eigenen Rationalisierungen und Überzeugungen auf die Handlungen und Überzeugungen anderer zu projizieren. Doch der Fachmann sollte erkennen können, dass menschliche Überzeugungen und menschliches Verhalten äußerst komplex sind und dass der einzelne Mensch nicht in der Lage ist, alle relevanten Faktoren zu überblicken. Nichts ersetzt die direkte Befragung derjenigen, die ein noch im Entwurfsstadium befindliches Gerät auch wirklich benutzen werden.

"Dinge des Alltags" ist aber trotz seiner guten Verständlichkeit kein populärwissenschaftliches Buch, auch designtheoretische Modelle kommen nicht zu kurz und werden ausführlich erläutert. Doch hier hat das Buch auch seine Schwächen, verliert sich doch der allgemeine Anspruch an gutes Design im sieben Punkte Schema.

Die wichtigste Leistung Normans ist die Wiedereinführung der Menschlichkeit in eine Welt die hochtechnisiert und schon in großen Teilen virtuell ist. Der Mensch ist für Norman zwar nicht das Maß aller Dinge, aber mindestens das Maß der Dinge des Alltags.


Die amerikanische Ausgabe "The Psychology of Everyday Things" erschien 1988 bei Basic Books. Donald A. Normans Buch ist sehr gut aus dem Englischen übersetzt und bietet außer vielen nützlichen Anmerkungen ein umfangreiches Literaturverzeichnis, aus dem der Autor zudem einige kurzkommentierte Lesevorschläge macht, die demjenigen, der sich tiefer mit der Materie beschäftigen will, hilfreiche Tips geben.


Stefan Brix
sx@brix.de

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